Generative AI und der Hype um ChatGPT & Co. haben im letzten Jahr eine neue KI-Welle ins Rollen gebracht und das Thema omnipräsent gemacht. Aber wie stark ist diese Welle auch in der Praxis heimischer Unternehmen und Organisationen angekommen? Welche Potenziale können mit welchen Use Cases dort aktuell erschlossen werden? Und welche neue, entscheidende Nutzen lässt sich hier jetzt für das Kerngeschäft generieren?
Zu diesen und anderen spannenden Fragestellungen baten wir dazu gemeinsam mit unserem Medialine Group Digital Executives von Paradeunternehmen aus unterschiedlichsten Bereichen – von Energie über Produktion und Handel bis zum Gesundheitssektor – zum intensiven, offenen Erfahrungs- und Gedankenaustausch bei einem Roundtable. Am runden Tisch diskutierten: Benny Gosper (Medialine), Eustachius Kreimer (K&Ö Service), Simon Leski (Mayr-Melnhof Holz), Markus Löschnigg (Medialine), Christian Neubauer (Barmherzige Brüder), Rupert Schindler (Energie Steiermark) und Sarah Stryeck (EY/vormals Research Center Pharmaceutical Engineering).
Moderiert wurde die Diskussion von Michael Dvorak, Herausgeber DIGBIZ LEADER Media & CIDO Guide, fotografiert von Thomas Luef.
„Bei einem Proof of Concept schaut vieles gut aus. Wenn ich damit aber im Kerngeschäft mit realistischen Daten ansetze, stößt KI dann oft an seine Grenzen.“
„Bei einem Proof of Concept schaut vieles gut aus. Wenn ich damit aber im Kerngeschäft mit realistischen Daten ansetze, stößt KI dann oft an seine Grenzen.“
KI stellt keine Revolution dar, sondern eine Entwicklung, die an dem andockt, was lange Zeit unter den Begriff Statistik gefallen ist. Und Statistik hat nach wie vor ein paar Grundregeln und die sehen oft anders aus als die Erwartungen, die in den Fachbereichen von Tool-Anbietern geweckt werden – diese Grundregeln wie eine qualitativ gute Datenbasis muss man sich bewusst machen.
Eine Menge Anbieter versprechen den Fachabteilungen Vieles, das die eigenen Lösungen nun möglich machen, weil darin jetzt KI mitintegriert ist. In der Realität des Kerngeschäfts gibt es allerdings erhebliche Unsauberkeiten, viele Spezialthemen und viele Variablen, die ich nicht kontrollieren kann. Natürlich gibt es bereits eine Reihe intelligenter Tools, die für uns interessant sind. Wir setzen zum Beispiel schon seit Längerem Drohnen für die Instandhaltung ein, die per Bilderkennung feststellen, ob es irgendwo Korrosionen gibt. Ob das jetzt durch echte KI oder regelbasiert funktioniert, ist für uns allerdings nicht ausschlaggebend.
Schliessen„Wenn man die Menschen fragt, was sie eigentlich unter KI verstehen, werden vermutlich 90 Prozent ChatGPT nennen.“
„Wenn man die Menschen fragt, was sie eigentlich unter KI verstehen, werden vermutlich 90 Prozent ChatGPT nennen.“
ChatGPT ist aus meiner Sicht aber keine echte KI, sondern ein riesiges Statistik-Programm, welches Texte generiert. Um durch den Einsatz von KI echten Mehrwert zu erhalten, muss man Knochenarbeit investieren. Insofern macht es zunächst einmal Sinn, damit in kleinerem Rahmen anzufangen. Es ist allerdings nicht nur die Größe, die das Ganze komplex macht. Wenn ich bei einer Ärzte-Hotline, bei der die Anrufe und Anruferinnen einen Menschen erreichen wollen, einen Chatbot einsetze, habe ich schon verloren. Und vor allem ist es nicht damit getan, ein KI-Modell zu bauen – ich muss es laufend, begleiten, trainieren und weiterentwickeln, damit es sich im Laufe der Zeit nicht vom Ziel wegentwickelt.
Das wichtigste Learning ist, hier mit der Organisation gemeinsam heranzugehen, weil letztlich der Mensch der entscheidende Faktor dafür ist, ob eine neue Lösung erfolgreich ist, oder ob sie scheitert. Die meisten Ärzte und Ärztinnen haben weder Zeit noch Lust, eine KI-Lösung mit Jahrzehnte-langer Berufserfahrung zu füttern.
Schliessen„KI per se ist nichts revolutionär Neues – das Neue daran ist, dass viele neue Tools nun mehr Möglichkeiten bieten und dass es zugleich generell auch mehr digitale Daten gibt, die sich nutzen lassen.“
„KI per se ist nichts revolutionär Neues – das Neue daran ist, dass viele neue Tools nun mehr Möglichkeiten bieten und dass es zugleich generell auch mehr digitale Daten gibt, die sich nutzen lassen.“
Bislang kommen die neuen KI-Tools oft aus dem Consumer-Bereich und sind nicht vorrangig auf Unternehmen ausgerichtet, aber mit der Zeit werden sie mit Sicherheit im Zuge einer normalen Entwicklung besser und reifer werden. Andererseits fehlen uns für neue technologische Modelle und Werkzeuge, etwa was GenAI betrifft, derzeit noch weitgehend die Use Cases.
In der Produktion haben wir KI schon länger in den verschiedenen Produktionsschritten im Einsatz oder beispielweise auch in Kombination mit Drohnen bei Inventuren. Natürlich beschäftigen sich unsere Daten-Spezialisten mit den Möglichkeiten, die KI-Tools bieten, und wir haben da auch schon einige Pilotprojekte mit entsprechenden Datenmengen umgesetzt. Bis jetzt haben sich allerdings die Versprechungen von Anbieterseite, welche neuen, spannenden Erkenntnisse sich dadurch gewinnen lassen, größtenteils noch nicht erfüllt. Das, was wir gesehen haben, haben wir entweder ohnehin schon selbst gewusst, oder es waren sehr spezifische Dinge, die sich kaum skalieren lassen.
Schliessen„Vieles, was man heute mit KI betitelt, sind Prognosen, Statistiken und Algorithmen, mit denen man arbeitet und die Nutzen generieren.“
„Vieles, was man heute mit KI betitelt, sind Prognosen, Statistiken und Algorithmen, mit denen man arbeitet und die Nutzen generieren.“
Diese sind aber weder neu, noch würde ich sie wirklich als KI einordnen. Wenn man in manchen Branchen, wie beispielsweise im Online-Handel, 15 Jahre zurückschaut, findet man vermutlich vieles an Systemen und Anwendungen, die man heute wohl auch als KI definieren würde. Was sich geändert hat, ist, dass wir heute derart große Mengen an zusätzlichen und unterschiedlichsten Daten zusammentragen, dass wir als Menschen nicht mehr in der Lage sind, sie mit konventionellen statistischen Instrumenten zu überblicken, zu durchschauen und zu handeln. Also setzen wir Algorithmen ein, um diese Datenmengen zu analysieren und zu verarbeiten und nennen das KI.
Das tatsächlich neue Element ist jetzt der generative Ansatz, bei dem aus den Daten die analysiert werden, neue Informationen generiert werden. Insofern ist GenAI zwar ein neues Element, aber zugleich eigentlich die Konsequenz und die logische Fortsetzung der bisherigen Entwicklung.
Schliessen„Es geht in der Regel ja nicht nur darum, Prozesse durch den Einsatz von KI zu digitalisieren, sondern sie zugleich auch zu verbessern.“
„Es geht in der Regel ja nicht nur darum, Prozesse durch den Einsatz von KI zu digitalisieren, sondern sie zugleich auch zu verbessern.“
Und das ist auch eine Kosten- und Ressourcenfrage: Hat man überhaupt Personen, die sich mit einem Prozess auseinandersetzen können und damit, wie man ihn optimieren könnte, bevor man dann moderne Technologie einsetzt? Wie kann ich beispielsweise Abläufe mit Robotics automatisieren? Das einmal herauszufinden, ist ein aufwendiger Prozess, für den es freie Ressourcen braucht – und die Frage ist, ob man zu solchem Aufwand bereit ist. Insbesondere in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage fokussiert man sich allzu oft auf Dinge, die man möglichst gut einschätzen kann und darauf, vor allem solche Dinge zu vermarkten und zu verkaufen. Alles, was hier keine direkte überschaubare Verbesserung, sondern eine echte Veränderung bedeutet, wird dann oft hinausgeschoben.
In der Pharmaindustrie ist aus der Sicht des Managements der naheliegende Use Case für KI, die langen, aufwendigen Prozesse für die Entwicklung und Produktion eines Medikaments zu beschleunigen. Jedes Experiment kostet Zeit, Chemikalien und letztlich direkt und indirekt Geld. Mit Hilfe von KI hofft man, die Prozesse schneller zu verstehen und bessere Vorhersagen machen zu können.
Schliessen„Die gepushten ChatGPT-Anwendungsfälle sehe ich für uns kaum, für mich sind die Backend-Anwendungen viel spannender.“
„Die gepushten ChatGPT-Anwendungsfälle sehe ich für uns kaum, für mich sind die Backend-Anwendungen viel spannender.“
Wir entwickeln beispielsweise unsere ERP-Warenwirtschaftslösung schon lange selbst und verwenden dafür regelbasierte Ansätze, die wir, wo es Sinn macht, zunehmend durch Machine-Learning-Komponenten ersetzen möchten – beispielsweise beim Thema Warenstromsteuerung. Da geht es um Fragestellungen wie zum Beispiel: In welche Filialen soll welche Ware verteilt werden? Wie soll die Ware, die aus dem Webshop zurückkommt, rückverteilt werden? Wo soll wie viel an Ware nachbestellt oder auch umgelagert werden? Oder: Soll der Preis angepasst werden, um im Webshop noch etwas zu verkaufen?
Das sind auch in erster Linie jene Use Cases, die von unseren Fachabteilungen eingebracht werden – nämlich mit Hilfe von ML-Modellen bei solchen repetitiven, einfachen Fragestellungen deren Arbeit zu erleichtern und mit Vorschlägen anzureichern und so raschere Entscheidungen zu ermöglichen. Und gleichzeitig wollen wir sie mit Faktoren kombinieren, die in der Fülle an unterschiedlichsten Informationen bislang nicht so leicht zu überblicken sind – von Wetterprognosen bis zu detaillierten Kostenpositionen wie etwa Preissenkungen oder Umlagerungen.
Schliessen„Oft startet man mit zu großen Use Cases – deshalb gilt es sich zunächst einmal eine Reihe von Fragen zu stellen.“
„Oft startet man mit zu großen Use Cases – deshalb gilt es sich zunächst einmal eine Reihe von Fragen zu stellen.“
Wie bin ich strukturell aufgestellt? Wie sieht die Datengrundlage aus? Habe ich überhaupt ausreichend klassifizierte und nutzbare Daten? Kann ich damit meine konkreten Erwartungen für das Projektziel erreichen? Habe ich die technologischen und personellen Ressourcen, um ein Projekt nicht nur zu starten, sondern langfristig erfolgreich weiterzuentwickeln? Welche Skills brauche ich dafür? Bei der Entwicklung von KI-Systemen müssen Unternehmen sich auch fragen, wie ihre Architektur darauf ausgelegt ist, kontinuierlich zu lernen und sich anzupassen – etwa durch Ansätze wie automatisierte Feedback-Schleifen und zentrale Wissensplattformen.
Ein gut aufgebautes System kann nicht nur Modelle trainieren, sondern auch Erfahrungen bündeln und kontinuierlich optimieren. Der Weg zu maßgeschneiderten KI-Modellen kann sehr komplex und auch sehr aufwendig werden. Wir beobachten auch, dass die Erwartungshaltung anfangs häufig zu hoch angesetzt wird. Eine pragmatische Vorgehensweise ist, zunächst ein erreichbares Ziel, wie z. B. 90 % Trainingsgenauigkeit, zu setzen – was verhältnismäßig einfach machbar ist – und auf diese Basis dann bei Bedarf mit dem Finetunning aufzubauen.
Schliessen„KI wird reflexartig als Lösung für alle Probleme propagiert.“
„KI wird reflexartig als Lösung für alle Probleme propagiert.“
Für uns wären beispielsweise Prognosen für den Rohstoffeinkauf grundsätzlich ein interessanter Use Case. Hier ist aber das Problem, dass wir die Daten nicht in der nötigen Qualität und Form zur Verfügung haben, um sie sinnvoll mit KI nutzen zu können.
Generell sind manche Use Cases, die in den Medien aktuell stark propagiert werden, aus meiner Sicht für eine Organisation nur begrenzt sinnvoll und manchmal sogar eher kontraproduktiv. Wenn zum Beispiel jemand im Vertrieb die Anforderungen für alle möglichen Reports über KI per Sprache direkt formuliert, erfindet man dabei ja jedes Mal quasi sein eigenes Rad neu. Das Ziel, auf das die Unternehmen all die letzten Jahre hingearbeitet haben und in das sie investieren haben, ist allerdings, dass es standardisierte, strukturierte Prozesse in der ganzen Organisation gibt.
Und auch wenn ich beispielsweise ein Problem in einem Prozess habe, ist das nicht reflexartig ein Use Case für KI. Dann schaue ich mir zunächst einmal an, wie ich das anders programmieren kann. Natürlich bietet KI hilfreiche Möglichkeiten, wenn man beispielweise das Zusammenspiel verschiedener Systeme automatisieren möchte, aber das eigentliche Ziel ist ja ein konsolidiertes System, in dem man sich mit solchen Problemen gar nicht erst beschäftigen muss.
„Im Endeffekt muss sich KI rechnen und dazu haben wir gemischte Erfahrungen gemacht.“
„Im Endeffekt muss sich KI rechnen und dazu haben wir gemischte Erfahrungen gemacht.“
Wenn es um repetitive Tätigkeiten geht, um Massenaggregationen und um einfache Entscheidungen, dann können solche Lösungen und Automatismen natürlich erheblichen Nutzen bringen. Aus meiner Sicht werden nur sehr häufig die falschen Beispiele für solch einen Nutzen ins Treffen geführt, zum Beispiel der klassische Use Case, dass man das ganze Call Center im Support durch Chatbots ersetzen kann.
KI kann bei Standardfragen unterstützen, aber für unser ganzes Geschäftsmodell sind die Einsparungen von Personalkosten im Service nicht der größte Hebel. Zudem spielt bei uns in der Energiewirtschaft der menschliche Faktor etwa bei der Stromnetzsteuerung schon aus Gründen der Sicherheit, der Verfügbarkeit und der Regulatorik eine ganz zentrale Rolle. Die KI kann hier angesichts der zunehmenden Komplexität sehr helfen und wir brauchen KI Tools zur Unterstützung der Mitarbeitenden
Schliessen„In den Produktionsprozessen gibt es in vielen Bereichen schon sehr viel Sensorik – und hier kann man extrem viele Daten aufnehmen.“
„In den Produktionsprozessen gibt es in vielen Bereichen schon sehr viel Sensorik – und hier kann man extrem viele Daten aufnehmen.“
Daraus lässt sich per se sehr viel herauslesen, um Prozesse zu optimieren. Dafür muss man die Daten jedoch zunächst einmal auch wirklich verstehen. Das ist nicht immer so einfach – in der Pharmaindustrie beispielsweise ist das eine große Herausforderung. Weil die menschliche Physiologie sehr komplex ist, gibt es da noch reichlich Forschungsbedarf, wie sich Wirkstoffe im menschlichen Körper verhalten. Solch ein Verständnis ist aber die Voraussetzung, um mechanistische Modelle digital abbilden und zum Beispiel mit KI-Modellen kombinieren und anreichern zu können. Wenn dieses Verständnis von Daten nicht gegeben ist, stoßen auch noch so tolle KI-Modelle an ihre Grenzen.
In anderen Bereichen, beispielweise beim Thema Supply Chain, mangelt es an der Verfügbarkeit der nötigen Daten. Wenn es keine ausreichenden Informationen über die Lagerbestände für Wirkstoffe gibt, die in China und Indien produziert werden, lassen sich Lieferengpässe auch mit Hilfe von KI kaum prognostizieren.
Schliessen„In den Prognose- und Budgetierungsprozessen liegt großes Potenzial.“
„In den Prognose- und Budgetierungsprozessen liegt großes Potenzial.“
Ein großes Thema, bei dem wir mit KI echten Mehrwert generieren könnten, sind Forecasts und zwar top down und so, dass hier vielfältige Faktoren integriert werden, die in das Kerngeschäft hineinspielen – wie beispielsweise Finanzplanung und Liquidität. Je genauer die Prognosen sowohl für das Gesamtunternehmen als auch auf Teilbereiche heruntergebrochen werden, umso besser können sich die Bereiche darauf einstellen und beispielsweise ihre Ressourcen danach planen.
Die Frage bei einer zentralisierten Umsatzplanung ist immer: Wie feingranular werden darin künftige Themen berücksichtigt? Wenn ich beispielsweise eine Shopping-Woche mit aggressiven Preisen in diesem Jahr zwei Wochen später mache als im letzten Jahr, muss ich die KI mit dieser Information füttern – weil alleine zeitliche Vergleichswerte dann keine Aussagekraft hätten. Mit solch einer substanziell verbesserten, übergreifenden Prognose, die nicht mehr auf Plan- und Budgetwerten basiert, die schon ein paar Monate alt sind, sondern die alle Ist-Werte beinhaltet und auch das, was in den Bereichsplanungen prognostiziert ist, würde KI einen echten Game Changer liefern. Dafür müssten sich natürlich auch die Finanzabteilungen stark einbringen.
Schliessen„Der Anstoß und die Use Cases müssen zunächst einmal auf jeden Fall aus einer Fachabteilung kommen und nicht aus der IT.“
„Der Anstoß und die Use Cases müssen zunächst einmal auf jeden Fall aus einer Fachabteilung kommen und nicht aus der IT.“
Das stößt allerdings mitunter an Grenzen, zum Beispiel, wenn es darum geht, durch den Einsatz von KI-Lösungen die Kosteneffizienz zu erhöhen. Damit will in der Praxis nämlich kaum ein Bereich bei sich selbst beginnen. Selbst im Finance-Bereich, der ja ganz besonders an solchen Themen interessiert sein müsste, ist nur schwer jemand zu finden, der sagt: Unsere Abteilung geht hier mit einem Pilotprojekt voran.
Schliessen„Es reicht nicht, ein Tool zu kaufen, um damit automatisch eine KI zu haben, die Nutzen bringt.“
„Es reicht nicht, ein Tool zu kaufen, um damit automatisch eine KI zu haben, die Nutzen bringt.“
Natürlich haben wir einiges an KI schon alleine deshalb im Einsatz, weil man sie in vielen Tools mitgeliefert bekommt und sie für den Betrieb bestimmter medizintechnische Geräte mittlerweile einfach ein notwendiger Part ist. Um darüber hinaus aber selber KI spezifisch einzusetzen, muss man zunächst einmal vom jeweiligen Fachbereich her die Use Cases definieren und diesem auch verständlich machen, dass KI in der Regel nicht out oft he box funktioniert.
Wir beobachten dazu sehr intensiv, was es aktuell am Markt gibt, das uns im täglichen Arbeitsleben tatsächlich weiterhelfen könnte und schauen uns genau an, wie wir diese Cases in die Organisation hineinbringen können.
Schliessen„Eine Herausforderung bei der Auswahl ist, dass sich da draußen einfach so viel an neuen Technologien und Möglichkeiten tut.“
„Eine Herausforderung bei der Auswahl ist, dass sich da draußen einfach so viel an neuen Technologien und Möglichkeiten tut.“
Sich mit diesen neuen Möglichkeiten – sinnvollerweise mit Unterstützung durch Partner mit der entsprechenden Expertise – zu beschäftigen und auch erste Erfahrungen zu sammeln, ist wichtig: Wie kann man Technologien bündeln und Prozesse mit KI anreichern? Wie kann man Qualitätschecks machen, um Dinge zu verbessern? Wie kann man Prozesse mit einem Mensch-Maschine -Ansatz neu betrachten? Solche strukturierten Ansätze kombiniert mit einer flexiblen zentralisierten KI-Architektur, bieten die Grundlage zu entscheiden, wo man ansetzt, für eine effektive Einführung – natürlich immer mit dem Blick nach Nutzen und Voraussetzungen.
Thematisch eignen sich zu Beginn vor allem Use Cases, bei denen man beispielsweise die Mitarbeiter:innen bei ihrer Arbeit merkbar entlastet und Freiraum für produktivere Tätigkeiten schafft – das ist ja einer der beiden starken Benefits, die KI liefert. Der zweite große Nutzen ist die Erschließung neuer Einnahmequellen.
Schliessen„Wir haben ein Team, das sich fast ausschließlich damit beschäftigt, Daten richtig und statistisch für echte Use Cases aufzubereiten.“
„Wir haben ein Team, das sich fast ausschließlich damit beschäftigt, Daten richtig und statistisch für echte Use Cases aufzubereiten.“
Ziel ist es, Use Cases in unserem Kerngeschäft, zusätzlich zu ChatGPT oder Bilderkennung, zu generieren. Aber dazu brauche ich zunächst einmal Datensets in ausreichendem Umfang und in der nötigen Qualität. Wenn die nicht verfügbar sind, um KI zu trainieren, kann auch das tollste Tool dann nichts herausholen.
Über unsere Anwendung von KI im Bereich der Energieprognosen hinaus ist ihr Einsatz für Data Cleaning im Vorfeld für uns unverzichtbar, damit wir mit sauberen Daten überhaupt Prognosen rechnen können. Wir haben in der Wertschöpfungskette an vielen Stellen Statistik im Einsatz, und hier liefert KI für uns bei der Datenaufbereitung schon jetzt einen wichtigen Mehrwert, um fehlerhafte Messwerte herauszufiltern und Daten aufzubereiten.
Schliessen„Vor allem in Europa sind Regularien ein großes Thema und bilden gerade beim Einsatz von KI für manche Use Cases und Business Cases echte Hemmschwellen.“
„Vor allem in Europa sind Regularien ein großes Thema und bilden gerade beim Einsatz von KI für manche Use Cases und Business Cases echte Hemmschwellen.“
Man kann sich nicht sicher sein, ob sie nicht dann bei der Umsetzung zu einem wirklichen Problem für ein Projekt werden könnten. Zumeist hakt es aber bereits viel früher in einem Projekt – und zwar daran, dass man zwar die Problemstellung und das Ziel definiert hat, aber die Daten dafür weder in einem ausreichenden Umfang, noch in der nötigen Qualität verfügbar hat. Dann gilt es zu überlegen, ob und wie sich der Use Case und das Ziel an das verfügbare Datenmaterial anpassen lassen und sich damit trotzdem relevanter Mehrwert generieren lässt.
Die Gründe für das Fehlen und die mangelnde Qualität der Daten sind vielfältig. Vielleicht hat man die Daten in der Historie nicht gebraucht, vielleicht ist man nicht in der Lage, die exponentiell wachsende Datenfülle zu handhaben. Alleine sie zu speichern reicht nicht – man muss sie ja verarbeiten und nutzen. Das ist den Fachabteilungen oft nicht klar, weil sie die Komplexität der Informationstechnologie in einem Unternehmen nicht wirklich einschätzen können. Daten in einer Organisation ständig und zugleich sicher zur Verfügung zu stellen, beinhaltet sehr viel mehr als einfach eine Lösung und die dafür notwendige Speicherkapazität zu kaufen. Der häufigste Fallstrick tut sich aber ohnehin lange, bevor es um Systeme geht, auf. Den Daten, die in den Fachabteilungen produziert werden, mangelt es nämlich nach wie vor in vielen Fällen an der nötigen Qualität.
Schliessen„Gerade bei branchenspezifischen KI-Forecast-Tools beobachte ich aktuell einen Ansatz, der erlaubt, KI optional zu verwenden.“
„Gerade bei branchenspezifischen KI-Forecast-Tools beobachte ich aktuell einen Ansatz, der erlaubt, KI optional zu verwenden.“
Solche Tools bieten die Option und die Chance, an bestimmten Stellen bei Bedarf, Quellen für die KI quasi aushebeln zu können und ins System mit Regeln einzugreifen – zum Beispiel, wenn die Daten irgendwo noch nicht ausreichend vorhanden sind. In unserem eigenen Bereich braucht es solch eine Möglichkeit zum Beispiel bei eher spezifischen Artikeln. Für Durchläufer-Artikel, wie das klassische schwarze Sakko, bedarf es solcher Eingriffe kaum, weil die stabil immer verfügbar sein müssen und es dafür vorrangig wichtig ist, mit Hilfe von KI sehr schnelle Entscheidungen zu ermöglichen.
Deshalb macht es absolut Sinn, dass solche Tools die Möglichkeit bieten, sozusagen eine Kombination aus Automatik und Halbautomatik zu fahren und ML-Komponenten optional zu verwenden, dort, wo sie wirklich Mehrwert bringen. Vor allem, wenn es darum geht, KI einmal in einem bestimmten Bereich zu etablieren und Erfahrungen damit zu sammeln, ist solch eine Wahlmöglichkeit natürlich sehr hilfreich.
Schliessen„Ich muss für einen Use Case laufend Daten extrahieren und verfügbar machen.“
„Ich muss für einen Use Case laufend Daten extrahieren und verfügbar machen.“
Das alleine ist schon eine Menge Arbeit, aber damit ist es bei weitem noch nicht getan. Ich muss den Input und das Feedback, das ich einerseits aus Daten, aber auch von Menschen bekomme, laufend integrieren, Eine permanente Feedback-Schleife ist extrem wichtig, um die Modelle mit neuen Daten anzureichern und so sicherzustellen, dass sie sich nicht vom Projektziel wegentwickeln. Ich benötige für die Daten, die ich in einen Use Case hineinstecke, als auch für die Automatisierung und der KI-Lösung immer eine entsprechende Sicherheitsstruktur mit Backup und Recovery. Und ich muss rechtliche Vorgaben und branchenspezifische Anforderungen frühzeitig in die Systemarchitektur einbinden.
Damit das alles möglichst effizient und wirtschaftlich von statten gehen kann, braucht es auch die entsprechenden flexiblen, architektonischen Konzepte und/oder souveräner Plattformen.
Schliessen„KI transportiert ja per se die Botschaft, dass es die Menschen bei der Arbeit unterstützt – dagegen hat zunächst einmal kaum jemand etwas einzuwenden.“
„KI transportiert ja per se die Botschaft, dass es die Menschen bei der Arbeit unterstützt – dagegen hat zunächst einmal kaum jemand etwas einzuwenden.“
Und nachdem die Arbeit bei gleichbleibenden Ressourcen immer mehr wird, weckt das grundsätzlich schon die Erwartungshaltung, dass Technologie mit entsprechenden Tools die eigene Tätigkeit erleichtert. Deshalb beobachten wir nicht, dass das Thema KI prinzipiell sofort Widerstände oder Ängste unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auslöst.
Wenn dann allerdings KI beispielsweise eingesetzt werden soll, um die Automatisierung ganz konkret voranzutreiben, kann sich das ändern. Dann gibt es mitunter schon Bedarf, den Nutzen transparent zu machen.
Schliessen„Gerade beim Thema KI ist es wichtig, Dinge transparent zu machen, um die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dafür zu gewinnen.“
„Gerade beim Thema KI ist es wichtig, Dinge transparent zu machen, um die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dafür zu gewinnen.“
Generell kommt es sicher darauf an, wo und wie man KI einsetzt. Wenn man den Mitarbeitern und MItarbeiterinnen konkrete Hilfen liefert, um ihre eigenen Arbeitsabläufe schneller oder einfacher zu machen, sehen sie den Mehrwert natürlich rascher. Wenn es allerdings etwa darum geht, mit Hilfe von KI-Prognosen, die Zahl der zeitaufwendigen Experimente zu reduzieren, bedarf es manchmal schon Überzeugungsarbeit, damit sich die Fachbereiche in ihrer eigentlichen Kernarbeit nicht eingeschränkt oder Teile dieser Arbeit wegrationalisiert empfinden.
In Sektoren wie der Pharmaindustrie ist das auch regulatorisch notwendig, weil hier alles erklärbar und dokumentierbar sein muss – da ist es gar nicht möglich Blackbox-Modelle zu verwenden. Darüber hinaus ist es wichtig, transparent zu machen, wie ein Modell funktioniert, was mit den Daten passiert, die die Fachbereichen da hineinwerfen – auch, um Aspekte wie den Datenschutz zu thematisieren.
Schliessen„Wenn man Ärzte und Ärztinnen fragt, ob sie Entscheidungen an KI abgeben möchten, wird die Antwort immer Nein heißen.“
„Wenn man Ärzte und Ärztinnen fragt, ob sie Entscheidungen an KI abgeben möchten, wird die Antwort immer Nein heißen.“
Die Frage muss lauten, wie sie KI unterstützen kann, damit sie selbst Entscheidungen leichter treffen können. Bei manchen Themen wie der Bilderkennung bestimmter Krebserkrankungen ist die KI unschlagbar. Um das ähnlich gut zu erkennen, braucht ein Arzt viele Jahre Erfahrung, und auch dann bleibt die Qualität nicht konstant, weil zum Beispiel am Ende eines Arbeitstages die Konzentrationsfähigkeit zumeist etwas nachlässt.
Wenn sich ein Arzt oder eine Ärztin also im wörtlichen Sinn voll auf die finale Beurteilung konzentrieren kann und ihr KI dafür konkrete Entscheidungshilfen liefert, generiert das echten, neuen Mehrwert. Tools wie ChatGPT dagegen werden für die meisten Unternehmen und Organisationen kaum zu einem wirklichen Game Changer werden, sondern das Leben maximal erleichtern.
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